Änderung von Steuerbescheiden nach § 173 AO
Vermeintlich bei Anfertigung der Steuererklärung alle Tatsachen berücksichtigt und alle Belege verarbeitet, nach Einreichung immer noch darüber nachgedacht und keinen Korrekturgrund gefunden, trotz gewissenhafter Bescheidprüfung keinen Anlaß für einen Einspruch gesehen? Dennoch dann nach Ablauf der Einspruchsfrist auf einen Umstand gestoßen, der zu einer niedrigeren Steuer führen würde - ist jetzt Alles zu spät? Noch nicht ganz.
§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gibt hierfür dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eines Antrags auf Änderung seines Steuerbescheides und Berücksichtigung der nachträglich bekanntgewordenen Tatsache oder des nachträglich bekanntgewordenen Beweismittels, wenn ihn am nachträglichen Bekanntwerden kein grobes Verschulden trifft, denn in Bezug auf seine Mitwirkungspflichten ist ihm grobe Fahrlässigkeit durchaus anzulasten. Weitere Änderungssperren sind errichtet durch den Ablauf der Festsetzungsfrist (§§ 169 ff. AO) oder durch den Umstand, daß der zu ändernde Bescheid nach einer Betriebsprüfung ergangen ist.
Die Begriffe der Tatsachen und der Beweismittel, ihre Neuheit, ihr nachtägliches Bekanntwerden, ein grobes dem Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter vorzuwerfendes Verschulden, all dies hat die Rechtsprechung intensiv beschäftigt, wobei jeweils die Beachtung der Umstände des Einzelfalls besonders herausgestellt wurde. So hängt das Ausmaß des Verschuldens des Steuerpflichtigen z. B. von der Komplexität der "neuen Tatsache", seinen Vorkenntnissen und der Zumutbarkeit, diese zu erwerben, aber auch davon ab, ob und inwieweit die Finanzbehörde ggf. die von ihr zu fordernde Sorgfalt mißachtet hat (Untersuchungsgrundsatz).
Dabei zeigt sich, daß die Rechtsprechung keineswegs schematisch urteilt, sondern bestrebt ist, möglichst Einzelfallgerechtigkeit walten zu lassen. Recherchen können sich lohnen!
Hat dagegen das Finanzamt ein Änderungsinteresse, weil die nachträglich bekannte Tatsache zu einer höheren Steuer führt, muß es nicht belegen, daß es am verspäteten Bekanntwerden kein Verschulden trifft (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO), Verletzungen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 88 AO) können aber eine Änderung des Steuerbescheides verhindern (s. z. B. BFH zu Änderung des Grundbesitzwertes w. neuer Tatsachen).